Pater Peter schrieb on 08.06.09 um 10:11:12:
Wie Baden1848 schon schrieb - die Grünen stehen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht als Nannypartei da. Auch gestern überraschte mich wieder, wie viele Menschen aus meinem Bekanntenkreis in aller Selbstverständlichkeit äußerten, Grün gewählt zu haben. Dies, obwohl sie entschiedene Tabakprohibitionsgegner sind. Mögen die Grünen auch in ihren Hochburgen verloren haben, wie Du schreibst, xila - ich halte es nach wie vor für höchst bedenklich, daß sie von vielen offenbar nicht als der verbiesterte Haufen wahrgenommen werden, der sie sind.
Jetzt mal im Ernst: Niemand interessiert es im Moment, ob und warum wir die Grünen bedenklich finden, also sehe ich keinen Sinn darin, mich lange mit diesen Bedenken aufzuhalten, die mir persönlich überhaupt nichts Neues bieten und die ich anderen ja auch nicht aufzwingen kann.
Falls ihr hier einen Stuhlkreis für ein kuscheliges Gruppenbedenkentragen bilden wollt, fühlt euch wie zu Hause. Mir persönlich gibt das aber nichts, und davon abgesehen kann ich Stuhlkreise nicht ausstehen. Ich versuche lieber, die Potentiale zu analysieren, die die derzeit bestehende Situation bietet. Nur wenn man die kennt, ist man in der Lage, sie zu nutzen.
Wo man die Grünen am besten im Alltagsgeschäft kennengelernt hat, da hat das offenbar in letzter Zeit ihrer Popularität Abbruch getan, das jedenfalls stimmt mich ebenso optimistisch für die Zukunft wie die Tatsache, daß die Grünen ihre prohibitionistischen Neigen nur so richtig ausleben können, wenn sie einen geeigneten Partner dafür finden.
Nach dieser Wahl sind sie weit entfernt davon, einen Partner mit der nötigen Stärke zu bekommen, und dasselbe zeichnet sich auch auf Bundesebene ab. Auch auf Länderebene werden die Möglichkeiten der Grünen, an Regierungen beteiligt zu werden, immer weniger.
Die Grünen waren immer eine sehr "junge" Partei, deshalb ist es auffallend, daß sich der Altersdurchschnitt ihrer Bundestagsfraktion dem Durchschnitt aller Parteien immer weiter angenähert hat.
Ich persönlich glaube, daß die Grünen dann endgültig verloren haben, wenn eine andere Partei für die Wähler unter 30 "chic" wird. Meiner Meinung nach hätte die Piratenpartei das Potential dazu, diese Partei zu werden. Auch wenn sie bei der Europawahl mit 0,8 % der Stimmen nur unter "ferner liefen" gelandet ist, für eine solche Minipartei mit weniger als tausend Mitgliedern sind mehr als 200.000 Stimmen schon ein kleiner Achtungserfolg, und auffallend ist, daß die Piraten in Städten, insbesondere Hochschulstädten, durchaus auch manchmal um die 1,5 bis 2 % bekommen haben. In Friedrichshain sollen es sogar 3,5 % gewesen sein.
Hinzu kommt, daß die schwedischen Piraten ins Europaparlament eingezogen sind und es sich bei den Piraten insgesamt um eine internationale Bewegung handelt, die durchaus noch mehr Zulauf bekommen kann.
Dabei ist der Tellerrand meiner Überlegungen, wohlgemerkt, nicht die diesjährige Bundestagswahl. Wer meint, alles sei verloren, was nicht bis September erreicht werden kann, dem bleibt tatsächlich nur der Stuhlkreis. Das Bestmögliche, was wir im September zu erwarten haben, ist tatsächlich eine schwarz-gelbe Koallition anstelle einer großen oder, Gott behüte, Rot- oder Schwarz-Grün in irgendeiner denkbaren Dreierkonstellationen.