Motorhead schrieb on 18.04.12 um 19:55:31: aber Herles hat es mit dem gebrauchten Ausdruck auch etwas übertrieben, meiner Meinung nach. Ich denke, dass das Problem darin liegt, dass in Deutschland Faschismus häufig gleich mit Nationalsozialismus gesetzt wird. Auf Fairness für Raucher hat Renate Dienersberger einen interessanten Artikel veröffentlicht, den ich hier einmal zitieren möchte: " Mir ist seit der Schulzeit in Erinnerung, daß der Begriff des Faschismus vom lateinischen Wort "fasces" kommt. Uns wurde damals erklärt, die fasces seien Rutenbündel gewesen, die man als Machtsymbol vor sich hertrug und gerne auch mal zur Fackel entflammte; ganze Fackelzüge seien schon im Römischen Reich zur Demonstration von Macht und zur Einschüchterung des gemeinen Volkes aufmarschiert, auch wenn man das damals (noch) nicht Faschismus nannte. - Wikipedia meint zwar heute, dieser Zusammenhang sei historisch nicht verifizierbar, aber man hat ja nicht zwingend alles zu glauben, was Wiki schreibt, sondern muß auch mal glauben dürfen, was einem einst der Lateinlehrer erzählte ;o). Dies aber nur nebenbei - ich habe folgende Definition gefunden,die m.E. prima zum Thema paßt:
"Der Faschismus duldet keine andere Weltanschauung neben sich. Getreu dem Führerprinzip haben sich alle seinen Regeln, die vom Führer sozusagen verkörpert werden, in ihrem Denken und Handeln zu unterwerfen. Das Führerprinzip ist mit allen Mitteln durchzusetzen. Gewalt gilt dabei als absolut legitim. Als ebenso legitim gilt die gewaltsame Machtergreifung, denn der "natürliche" Anspruch auf die Macht besteht aus der Sicht des Faschisten ohnehin. Diese Macht ist demnach dauerhaft zu sichern. Meinungsfreiheit, demokratische Strukturen, eine funktionierende Opposition oder gar freie Wahlen sind daher in solchen Systemen nicht denkbar." (Quelle: dir-info.de)
Da kommen wir der Sache doch schon ziemlich nahe: Die geistige Grundhaltung von Frankenberger & Co. ist von Obigem nicht sehr weit entfernt. Diese Leute fühlen sich so vollkommen im Recht mit ihrer Weltanschauung, daß sie das Gefühl haben, sie würden die Menschen "befreien", ganz in derTradition beispielsweise der christlichen Missionare, die keinerlei Grausamkeiten scheuten, um arme "Heiden" in den entlegensten Gegenden der Welt irgendwie "zum rechten Glauben zu führen". Und dafür möge man sie bitteschön liebhaben. - Es handelt sich bei der ideologischen Haltung von Herrn Frankenberger durchaus auch um ein pseudo-religiöses Phänomen - und natürlich besitzt er dabei das klassische Attribut, sich der moralischen Unfehlbarkeit seiner Motive vollkommen gewiß zu sein.
ändert aber nichts an der Tatsache, daß es sich hier um eine durchaus faschistische Einstellung handelt, im oben zitierten Sinne. Nur, daß heutzutage die Mittel des demokratischen Systems genutzt werden müssen, um solche Ziele durchzusetzen. Dazu bedarf es der sattsam bekannten undbestens funktionierenden Instrumente (Medien, opinion leaders etc.) und darüber hinaus lediglich der Gewißheit, daß sich Menschen in der Mehrzahl grundsätzlich politisch desinteressiert-phlegmatisch verhalten - und gerade heutzutage viel zu bequem sind, sich zu einem Wahllokal zu bewegen, besonders dann, wenn es nicht gerade um ihre ureigenen persönlichen Interessen geht und wenn vielleicht sogar noch schönes Wetter ist. Man braucht heute also nicht mal mehr eineoffizielle Diktatur dazu.
Ich persönlich bin ausgesprochen froh über Herrn Herles' Formulierung. Dabei ist mir völlig egal, wie dieser Herr sich bislang zu anderen Themen geäußert hat und wo er politisch so steht. Eine Wahrheit ist und bleibt eine Wahrheit. Ich freue mich, daß seine Äußerung wieder Leben in die Bude gebracht hat, um das mal so salopp zu sagen. Denn auch in meinen Augen ist Herrn Frankenbergers Haltung durchaus faschistoid (im oben näher erläuterten Sinne), wenn auch, ohne daß ihm das bewußt ist. Und wenn man Teile dessen gelesen hat, was in den einschlägigen Foren seiner Sympathisanten so geschrieben wird, dann weiß man, daß es sich bei den dort Diskutierenden um einen Menschenschlag handelt, der brandgefährlich ist in seiner Radikalität. Dort existiert keinerlei soziale Intelligenz, kein Mitgefühl, nicht mal ein Minimum an Achtung vor dem Andersdenkenden und -lebenden. Hier arbeitet man heftig an der neuen Version jener so alten Idee vom Übermenschen (Nietzsche läßt grüßen), der in seinen Verhaltensweisen einem (wie auch immer gearteten) Ideal zu entsprechen hat. Tut er es nicht, ist er ein Mensch 2. Klasse. Und wohin so etwas führt, hat uns die Geschichte schon vielfach gezeigt.
Also, von mir aus darf Herr Frankenberger gerne wieder in die öffentliche Diskussion geraten,wenn es unter dem aktuellen Aspekt geschieht, denn ich bin sicher, daß derart plakative Aussagen wie jene von Herrn Herles den Einen oder Anderen zum Nachdenken bringen. Es geht hier nicht darum, unseren selbsternannten Heilsbringer in eine Ecke zu stellen, sondern nur darum, endlich mal mit einem großen Scheinwerfer in eben jene Ecke zu leuchten, in der er seit langem steht, umgeben von seinen Getreuen. Und wenn im Zuge dessen einem kleinen Teil der Bürger dadurch nebenbei auch mal die eigentliche Bedeutung des Begriffs "Faschismus" nahegebracht wird, schadet das in meinen Augen auch nichts."
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